Ein Hausarzt weiß nie, was ihn an einem Behandlungstag erwartet. Erkältungen, gebrochene Beine, Ohrenschmerzen, Rückenleiden. Manchmal ist er als Diagnostiker gefragt, manchmal als Therapeut. „Vieles lässt sich mit Medikamenten heilen, einiges kann nur der Patient selbst lösen“, sagt der Hausarzt aus Wewer.
Ein wichtiger Ansatz für den Heilungsprozess eines kranken Patienten steckt seiner Überzeugung nach in einer Weisheit des deutschen Lyrikers und Theologen Angelus Silesius: „In jedem ist ein Bild dess‘, das er werden soll. Solang er das nicht ist, ist nicht sein Friede voll.“ Ein Gedanke, den alle Ärzte der Praxis fest in ihre Behandlungsmethoden eingeschlossen haben. Für sie steht das Gespräch von Mensch zu Mensch im Mittelpunkt. Erfahren, was den Patienten umtreibt, wo die Not liegt, den ganzen Menschen zu betrachten, ist den Hausärzten in Wewer wichtiger, als sofort ein Medikament zu verordnen. Vor allem, wenn ein Mensch von einer Krankheit eingeholt wird, die alles Dagewesene verändert: „Menschen auf dem Weg begleiten, ihren Lebenssinn und Lebensinhalt zu finden; ihnen helfen, gut zu leben“, formuliert Dr. Polenz sein Selbstverständnis. Nicht immer, aber oft führe dieser Weg über Krankheit, sagt der Arzt.
Hausärzte müssen wachsam und geduldig sein, fragen, zuhören, sich herantasten, untersuchen, abwarten, abwägen, ausgleichen. Für die Ärzte der Gemeinschaftspraxis macht diese Anforderung den Beruf des Allgemeinmediziners zur Berufung.
„Krankheiten erkennen und Risiken einschätzen, das lernt man im Studium. Das ist das kleine 1x1.“ Sie wollen ihre Patienten so beraten, dass sie die für sie notwendigen Entscheidungen richtig treffen. In die Tiefe gehen, statt an der Oberfläche zu schwimmen. Und das geht nur im Gespräch miteinander.
„Das schärfste Instrument, das der Arzt hat, ist die Zunge, nicht das Skalpell“, sagt Dr. Polenz. Dies erfordere eine besondere Konzentrationsfähigkeit. Der Arzt müsse erkennen, was der Patient aufnehmen könne und ab wann er sich verschließe. Nicht jeder Patient könne sofort alles aufnehmen und verarbeiten.
Dr. Polenz ist niemand, der seinen Patienten mit dem erhobenen Zeigefinger begegnet. „Als Arzt geht man immer einen halben Schritt hinter dem Patienten statt vorweg zu marschieren“, sagt er. „Jeder Patient fordert mich auf eine andere Art und Weise. Mancher wie einen Sohn, mancher wie einen Vater, mancher wie einen Bruder. Wenn ich einen Sterbenden begleite, sind andere Wesensmerkmale gefragt als bei der Behandlung eines Sportunfalls.“
Besonders schön an seinem Beruf findet er, dass aus vielen Kontakten zu Patienten fast freundschaftliche Beziehungen entstehen. „Es gibt wenig Berufe, in denen einem so etwas geschenkt wird.“ Faszinierend sei, dass sich nichts wiederhole. Die Diagnosen sind oft gleich, die Menschen aber nicht“, sagt Dr. Polenz.